Zum Inhalt [I]
Zur Navigation [N]
Kontakt [C] Aktuelles [2] Suchfunktion [4]

Stellungnahme des Generalsekretärs der deutschen Sektion von pax christi, Dr. Reinhard J. Voß, zum anstehenden US-Strategiewechsel im Irak

11. Dez 2006

Am 6.12.2006 hat unter dem Druck von Wahlniederlagen der Republikaner in den USA die sog. Baker-Hamilton-Kommission zum Irakkrieg deutlich gemacht: „Wir empfehlen nicht, den gegenwärtigen Kurs beizubehalten.“ Die überparteiliche Kommission empfiehlt als militärisches Ziel, im ersten Quartal 2008 "alle Kampfbrigaden aus dem Irak abzuziehen", die ni…

Die US-Regierung müsse Gespräche mit den Regionalmächten Syrien und Iran aufnehmen. Beide Länder verfügten "über die Fähigkeit, die Ereignisse im Irak zu beeinflussen". Die Kommission empfiehlt eine Einbeziehung Deutschlands in die diplomatischen Bemühungen im Rahmen einer internationalen Unterstützungsgruppe, die durch eine gemeinsame diplomatische Anstrengung einen Ausweg aus der Krise weisen soll.

Auch wenn noch völlig unklar ist, was die Bush-Regierung davon wirklich umsetzen wird, scheint doch ein Strategiewechsel im Irak von der Besatzung zum wirklich selbstbestimmten Aufbau des irakischen Staates wahrscheinlich. Voraussetzung dafür ist ein Abzug der Kampftruppen aus dem Land und eine breite international abgestimmte Initiative der Diplomatie und des Dialoges.

Das pax christi-Präsidium hat Anfang des Jahres 2006 in seiner Erklärung „Iraks Zukunft muss selbstbestimmt und frei von Terror sein“ auf die sich etablierenden internen Terror-Strukturen im Irak hingewiesen und betont: „Die politische Aufgabe besteht in der doppelten Herausforderung, den Übergang zu einer neuen zivilen Gesellschaft möglichst gewaltarm zu organisieren und zugleich eine Abzugs-Strategie für die ausländischen Truppen zu entwickeln.“

Alle Bemühungen sind nunmehr zu unterstützen, die den „Kampfauftrag“ möglichst rasch beenden, d. h. konkret: die Kampftruppen der USA und der im Irak verbliebenen Nationen abzuziehen, die US-Militärbasen im Irak aufzulösen und überzugehen zur unterstützenden Beratung und Polizeiausbildung sowie zu vielfältigen Hilfen beim zivilgesellschaftlichem Aufbau und bei der Entwicklung und innerer Befriedung des Irak.

Es ist zu hoffen, dass die neue Bereitschaft zum Dialog auch Direktkontakte der USA zu Syrien und zum Iran einschließen wird, denn durch die gegenseitige Stigmatisierung (als „Schurkenstaaten“ und „Teufel“) ist der Frieden in der Region niemals gefördert worden.

pax christi unterstützt die Bundesregierung darin, ihre diplomatischen Kontakte zu den verschiedenen Konfliktparteien im Nahen und Mittleren Osten im Sinne der Befriedung und des Dialoges zu nutzen und auszubauen, damit das „europäische Modell“ ziviler Konfliktbearbeitung und multilateraler Verhandlungen endlich zum Durchbruch kommt. Es gilt den zivilen Aufbau des Landes durch finanzielle und personelle Wirtschaftshilfe sowie Polizeikräfte-Ausbildung zu fördern und die Verbreitung und Anwendung von Methoden ziviler Konfliktbearbeitung zu ermöglichen. Die EU sollte darüber hinaus in enger Abstimmung mit den Partnern innerhalb des Nahost-Quartetts (UN, Russland und USA) als Initiatorin einer Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit im Mittleren Osten (KSZ-MO) auftreten und dabei ihre guten Erfahrungen der KSZE einbringen.

pax christi sieht in diesem Prozess auch Chancen und Aufgaben von Kirchen und Religionen - vor Ort und bei internationalem Austausch und gegenseitiger Hilfe - und wird sich weiter darum bemühen, diese zu verstärken.

Bad Vilbel, den 11.12.2006